Glutenfrei leben ist für Menschen, die gerade mit ihrer Diagnose Zöliakie oder Gluten Unverträglichkeit konfrontiert wurden, gar nicht so einfach. Immer wieder sehe ich herumirrende Menschen in Supermärkten die ratlos vor den glutenfreien Produkten stehen oder auf jedes Etikett schauen. Die meisten sind etwas verzweifelt und denken nach einer Runde durch den Supermarkt, dass sie nun gar nichts mehr essen können, wenn sie glutenfrei leben müssen. So ging es mir nämlich auch.
Ich werde auch oft von Bekannten ausgefragt, die gerade erfahren haben, dass sie sich ab sofort glutenfrei ernähren sollen. Ich muss mich nämlich schon lange glutenfrei ernähren. Zusätzlich habe ich noch weitere Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie mein aktuelles Testergebnis gezeigt hat.
Glutenfrei leben und was das bedeutet
Zunächst einmal möchte ich dir Mut machen, denn wenn du dich einmal auf ein glutenfreies Leben eingestellt hast, dann ist das gar nicht so schlimm. Es könnte sogar sein, dass du überflüssiges Gewicht verlierst und gesünder lebst. Stell dich aber darauf ein, dass du am Anfang noch ein paar Fehler machen wirst. Bei mir hat es auch eine Weile gedauert, bis ich alles glutenfrei eingestellt hatte. Ja, aller Anfang ist schwer, aber es lohnt sich. Ich habe die wichtigsten Tipps hier für dich zusammengestellt.
Küche neu organisieren
Es ist sehr wichtig erstmal die Küche und den Kühlschrank zu putzen, denn hier gibt es das größte Potenzial mit Gluten in Berührung zu kommen. Solltest du einen gemischten Haushalt haben, d.h. nur du musst dich glutenfrei ernähren, aber nicht der Rest der Familie, dann solltest du Lebensmittel und Küchengeräte klar trennen.
Neuer Toaster und Brotkorb
Deinen Toaster musst du leider verschenken, denn damit kannst du nicht mehr toasten ohne dein Brot mit Gluten zu verunreinigen. Es sei denn du nutzt Toastbags, d.h. kleine Beutel für Toasts, die glutenfreien Toast vor Verunreinigungen schützen. Für unterwegs sind solche Toastbags sicher eine gute Idee, für zuhause empfehle ich jedoch einfach einen neuen Toaster für glutenfreie Ernährung. In einem gemischten Haushalt gibt es dann einfach zwei Toaster. Natürlich musst du die anderen Familienmitglieder darüber aufklären, dass in deinen Toaster nur glutenfreies Toast darf. Gleiches gilt für den Brotkorb. Zu dem Thema Familie und Zusammenarbeit schreibe ich weiter unten noch etwas.
Keine Kochlöffel und Schneidebretter aus Holz
Schneidebretter aus Holz und Holzlöffel solltest du austauschen, am besten durch welche aus Kunststoff, da diese das Gluten nicht aufnehmen.
Separate Brot- und Buttermesser
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es sehr tückisch sein kann, wenn man einen gemischten Haushalt hat und dann zusammen Abendbrot isst. Du brauchst ein separates Brotmesser für glutenfreies Brot, denn du darfst nicht mit dem gleichen Messer glutenfreies und glutenhaltiges Brot schneiden, denn dann wäre dein Essen mit Gluten kontaminiert. Gleiches gilt natürlich auch für dein Messer, mit dem du dir z.B. Butter auf das Brot schmierst. In einem Haushalt mit Kindern kann es schnell mal passieren, dass du deinen Kindern Brot schmierst und dann das Messer nicht wechselt. Prompt hast du dir wieder dein Essen mit Gluten kontaminiert. Bitte unbedingt auf getrennte Messer achten.
Getrennte Butter, Frischkäse, Marmeladen und Aufstriche
Jetzt wirst du denken: Das ist ja echt paranoid! Nein, ist es nicht. Bitte wirklich darauf achten, dass du in einem gemischten Haushalt eine separate Butter hast und dass Frischkäse, Marmeladen oder Aufstriche klar getrennt werden. Wenn einer mit einem Messer, an dem z.B. Weizenbrotkrümel kleben, in den gleichen Frischkäse eintaucht, dann ist das Essen schon kontaminiert. Du kannst dir z.B. mit Teelöffeln aushelfen, mit denen dann alle Marmelade, Frischkäse, Aufstriche etc. entnehmen können und dann auf ihren Tellern mit den eigenen Messern weiter verarbeiten.
Getrennte Aufbewahrung
Weizenmehl und glutenfreies Mehl sollten nicht im gleichen Schrank aufbewahrt werden. Der feine Mehlstaub würde dein glutenfreies Mehl und andere Lebensmittel verunreinigen. Am besten ist ein eigener Schrank für glutenfreie Lebensmittel, insbesondere für Mehle und Backwaren.
Glutenfreie Lebensmittel einkaufen
Diese Getreidesorten enthalten Gluten
Zunächst einmal solltest du wissen, dass Gluten das Klebereiweiß ist, dass Brot zusammenhält. Es ist in vielen Getreidesorten enthalten, nämlich: Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer, Gerste, Dinkel, Einkorn, Emmer, Grünkern, Kamut und Triticale. Diese Getreidesorten musst du nun meiden. Wenn du jetzt denkst, da bleibt ja nichts mehr übrig, dann täuschst du dich. Hier findest du einen Überblick über glutenfreie Mehle:
Glutenfreie Getreidesorten | Pseudogetreide | Stärkemehle | Nussmehle | Hülsenfrüchte | Weitere glutenfreie Mehle |
Reis | Buchweizen | Kartoffelstärke | Haselnuss | Sojamehl | Chia |
Montina Mehl | Amaranth | Maisstärke | Kokos | Kichererbsenmehl | Traubenkernmehl |
Mais | Quinoa | Pfeilwurzelmehl | Mandeln | Lupinenmehl | Leinsamen |
Hirse | Tapiokastärke | Kastanien | Süßkartoffel | ||
Sorghum Mehl | Walnuss | ||||
Teffmehl | Macadamianuss | ||||
Pekannuss | |||||
Cashewnuss | |||||
Pistazien |
Bindemittel sind wichtig
Gluten macht den Teig elastisch und hält ihn zusammen. Bei glutenfreien Mehlen fehlt diese Eigenschaft. Also musst du Zutaten dazugeben, die die Gluteneigenschaften ersetzen können, nämlich Bindemittel. Das wären z.B. Johanisbrotkernmehl, Guarkernmehl, Pfeilwurzelmehl, gemahlene Flohsamenschalen. Es gibt noch weitere Alternativen. Hier findest du einen Überblick über glutenfreie Bindemittel.
IMMER Etiketten lesen
Bevor du nun Lebensmittel auf Gluten prüfst, musst du dich erstmal informieren, in welchen Lebensmitteln Gluten enthalten ist. Gluten befindet sich nämlich nicht nur in Getreide, sondern auch in Wurst, Käse, Marinaden, Eiscreme, Süßigkeiten, Gemüsebrühe, Gewürzen, Chips, Teesorten und in fast allen Fertigprodukten.
Das bedeutet du musst wirklich bei allen Dingen, die in deinen Mund wandern auf das Etikett schauen. Ich meine wirklich ALLE Produkte. Gluten kann übrigens auch in Medikamenten und Kosmetika enthalten sein. Lebensmittel mit kurzer Zutatenliste sind in der Regel besser, da sie weniger hoch verarbeitet wurden und damit weniger wahrscheinlich Gluten enthalten ist. Zusätzlich würde ich sagen, dass diese Lebensmittel auch gesünder sind. Du wirst bald merken, dass du dir im Supermarkt komplette Reihen sparen kannst. Insbesondere Fertigprodukte enthalten nämlich oft Gluten.
Auf verstecktes Gluten achten
Auf vielen Etiketten wirst du als Zutat „Stärke“ lesen. Wenn diese Stärke aus Weizen gewonnen wurde ist gesetzlich vorgeschrieben dies zu kennzeichnen und lautet dann beispielsweise „Stärke (Weizen)“ oder „Weizenstärke“. Ist der Begriff ohne Zusatz zu finden, handelt es sich um glutenfreie Stärke. Das trifft auch auf modifizierte Maisstärke zu. Oft wird Stärke als Trennmittel z.B. im Streukäse verwendet. Bitte frag nach, wenn du an der Wurst- oder Käsetheke einkaufst. Am besten lasst dir eine Liste geben, in der du selber die Zutaten nachlesen kannst. Dann kannst du glutenfreie Waren identifizieren und weißt beim nächsten Mal Bescheid.
Glutenfreie Produkte finden
In Supermärkten gibt es oft eine separate Ecke mit glutenfreien Produkten. Solltest du dort nichts finden, kannst du auch online einkaufen. Ich habe bereits einige Online Shops für glutenfreie Produkte getestet, z.B. Querfood, Foodoase oder Un-vertraeglich. Am besten du legst dir einen Vorrat an glutenfreien Produkten an, die du nicht überall kaufen kannst und ansonsten kaufst du viel frische Ware, die ist in der Regel unverarbeitet und enthält kein Gluten.
Glutenfreies Brot und Backwaren
Die größte Herausforderung sind glutenfreie Brot- und Backwaren. In einer normalen Bäckerei brauchst du nicht nach glutenfreiem Brot zu fragen, denn es ist nicht möglich in der gleichen Bäckerei glutenfrei und glutenhaltig zu backen. Es könnte höchstens sein, dass die Bäckerei sich mit glutenfreiem Brot beliefern lässt. Das ist jedoch sehr selten. Ich rate dir jedoch dazu glutenfreies Brot am besten selbst zu backen. Das klingt erstmal nach viel Arbeit, aber du wirst bald merken, dass selbst gebackenes glutenfreies Brot deutlich besser schmeckt als das im Handel angebotene. Wenn du das Brot scheibenweise einfrierst, dann schmeckt es aufgetaut fast wie frisch gebacken und du musst nicht ständig neues backen. Glutenfreie Rezepte findest du natürlich bei mir, aber auch bei vielen anderen Foodbloggern im Internet.
Unterstützung von der Familie
Wenn du nicht gerade alleine wohnst, dann brauchst du das Verständnis und die Unterstützung deiner Familie. Glutenfrei leben, das kann man nicht alleine als Teil einer Familie. Zunächst einmal müssen sich die anderen Familienmitglieder auch etwas mit dem Thema glutenfreie Ernährung auseinandersetzen, damit sie Verständnis dafür entwickeln. Es ist nämlich leider nicht damit getan einfach ein anderes Mehl zu nutzen – das glauben leider viele, die sich noch nicht näher damit auseinandergesetzt haben. Insbesondere sollte natürlich die oder der Bescheid wissen, die/der einkaufen geht und kocht, solltet ihr das nicht selbst machen.
Gemeinsames Essen mit Aufklärung und Verständnis
Wie du wahrscheinlich oben schon gelesen hast, kann ein gemeinsames Essen mit Brot schmieren schon etwas kompliziert werden. Deshalb ist es wichtig, dass alle Familienmitglieder aufpassen und darauf Rücksicht nehmen. Auch kleinen Kindern würde ich erklären, dass sie nicht deine Butter oder deinen Frischkäse räubern dürfen, weil es dir sonst schlecht geht. In der Regel klappt das auch bei Kindern ganz gut.
Glutenfreies Mittagessen kochen in einem gemischten Haushalt
So ein Mittagessen in einem gemischten Haushalt kann eine Herausforderung sein. Wenn es z.B. Nudeln mit Tomatensoße geben soll, dann müsst ihr euch absprechen, ob alle anderen auch glutenfreie Nudeln essen wollen oder ob verschiedene Nudeln gekocht werden. Bei Pizza, Blätterteig, Pfannkuchen, Burger und Co. wird es auch kompliziert, denn auch hier brauchst du auch einen separaten Teig. Meistens wollen nämlich alle anderen sich nicht auch glutenfrei ernähren, wenn sie die Produkte mal probiert haben. Sie sind einfach an den anderen Geschmack gewöhnt und wollen ihn nicht missen. Einfach sind Gerichte, die von Natur aus glutenfrei sind, z.B. mit Stärkebeilage aus Kartoffeln und Reis, Gemüse, Fleisch und Salat.
Solltest du viel unterwegs sein, dann schau auf jeden Fall mal in meinen Beitrag zu glutenfrei unterwegs rein. Dort findest du eine Menge Tipps zum Thema.
Ich hoffe dieser Beitrag konnte dir für den Einstieg in ein glutenfreies Leben eine Hilfe sein.
Diesen Beitrag kannst du auch als PDF Dokument herunterladen: Glutenfrei leben eine Starthilfe für Neulinge
Yvonne
Liebe Katja,
ein super Beitrag! :-) Ich denke, die Tipps helfen vielen „Neu-Zölis“ in der Startphase.
Liebe Grüße
Yvonne
Katja Johannhörster
Liebe Yvonne, vielen Dank. Das würde mich freuen :-)
Anni
Vielen Dank für den tollen Blogeintrag. Das hilft Neulingen wie mir sehr.
Katja Johannhörster
Hallo Anni, das freut mich. Wenn du Fragen hast, immer her damit. Liebe Grüße, Katja
Jenni
Hallo Katja!
Danke für den tollen Artikel! Bin noch ganz am Anfang der Zöliakie Diagnose aber – auch dank deinem Blog – wieder guter Dinge! So schlimm ist das ganze ja gar nicht. Deine Rezepte sind klasse! Da bekomm ich wieder Lust zu Backen.
Liebe Grüße aus Wien
Katja Johannhörster
Hallo Jenni, danke, das freut mich. Schön dass du hier bist. Liebe Grüße, Katja
Margarete Offermann
Ein wirklich toller Artikel. Ich muss mich Glutenfrei ernähren, was mittlerweile bei den angebotenen Produkten kein Problem darstellt. Was mir richtig Probleme bereitet ist die zusätzliche orale Nickelallergie, also auch kein Pseudogetreide möglich bis auf Reis. Zusätzlich Unverträglichkeiten auf Lactose, Bachkhefe, Backpulver und Weinsteinbackpulver geht bei mir auch nicht. Derzeit esse ich als Brotersatz nur Reiswaffeln die nicht aus Vollkornreis hergestellt wurden. Gibt es die Möglichkeit ein vernünftiges Brot aus hellem Reismehl herzustellen was noch schmeckt? Sehr viele Bachversuche gestartet aber bis jetzt kein Erfolg gehabt. Mein Hunger auf Brot ist mittlerweile so groß.
Über ein Rezept würde ich mich riesig freuen. Lg Maggy
Katja Johannhörster
Liebe Maggy, schön dass es dir gefällt. Ich habe einige Rezepte mit Reismehl und Stärkemehl. Du brauchst mehrere glutenfreie Mehle und ein Bindemittel, damit das Backen gelingt. Also z.B. Reismehl und Tapiokastärke oder Kartoffelmehl und gemahlenen Flohsamenschalen. Ich weiß nicht, ob dir das hilft. Ansonsten Schau dich gerne in meinem Blog um, vielleicht findest du ja was passendes. LG, K.
Paul
Wenn auf dem Etikett von „Stärke“ die Rede ist, ist diese Glutenfrei. Glutenhaltige Stärke muss schon seit 1999 speziell als glutenhaltige Stärke zB Weizenstärke deklariert werden. Demnach ist der Abschnitt „auf versteckte Stärke achten“ dringend zu überarbeiten, weil er in der vorhandenen Form Verwirrung stiftet und teils falsch ist. LG